Die Kläranlage in Bremervörde ist für eine Gesamtkapazität von 30.000 EGW (Einwohnergleichwerte) ausgelegt und mit rund 29.000 EGW auch nahezu ausgelastet. Aktuell werden in die Kläranlage täglich bis zu 3.000 Kubikmeter Schmutzwasser eingeleitet. Allerdings stammen bereits circa 1.200 bis 1.500 Kubikmeter von einem einzigen Produktionsbetrieb, dessen Anteil nicht zuletzt durch die Arbeitsruhe am Wochenende sehr stark schwankt. Dagegen liegt der Abwasseranfall der Wohnbevölkerung im Einzugsgebiet im Wochenverlauf mit circa 1.500 Kubikmetern am Tag nahezu konstant.
Es leuchtet ein, dass ein Klärsystem mit einer Schmutzwasser-Bandbreite von 50 bis 100 Prozent nur dann mit optimaler Energieausnutzung gefahren werden kann, wenn die ausgewählten Prozessluft-Erzeuger sich vollautomatisch an alle Bedarfssituationen anpassen. Dazu Klärwerksmeister Heiko Müller: „Deshalb haben wir für die Erzeugung der Prozessluft im November 2010 ein neues Erzeugungskonzept realisiert. Jetzt deckt ein neues, drehzahlgeregeltes Aerzener Turbogebläse als aktive Grundlast-Anlage im Normalfall unseren Prozessluft-Bedarf über die gesamte Bedarfsbandbreite alleine ab. Bei Bedarf können wir bis zu zwei Drehkolbengebläse aus unserer alten Lösung für die Erzeugung der Spitzenlast vollautomatisch zuschalten. Mit dieser gezielten Verteilung der Grundlast auf ein entsprechend dimensioniertes Turbogebläse und der Spitzenlast auf bis zu zwei Drehkolbengebläse erzeugen wir unsere Prozessluft-Station jetzt besonders energieeffizient. Denn das Thema ‚Energiekosten’ hat bei uns einen besonders hohen Stellenwert, weil wir für die Prozessluft-Erzeugung circa 75 Prozent der gesamten Energiekosten unserer Kläranlage aufwenden müssen.“
Bereits in der weiter zurückliegenden Vergangenheit wurde die Prozessluft für das Belebungsbecken mit Drehkolbengebläsen der Aerzener Maschinenfabrik erzeugt. Diese alten Anlagen wurden dann circa 1999/2000 durch zwei Aerzener Gebläse der Baureihe Delta Blower ersetzt. Eine Anlage deckte zuletzt den Bedarf ab, die zweite wurde als Redundanz vorgehalten. Beide Anlagen waren bereits drehzahlgeregelt, sodass sie in einem Bereich von circa 35 bis 50 Hertz an schwankenden Bedarf angepasst werden konnten. Allerdings konnten die Gebläse in ihrem unteren Leistungsbereich nicht mehr den noch niedrigeren Schwachlast-Bedarf abdecken. Deshalb suchte man in Bremervörde für die Prozessluft-Erzeugung nach ergänzenden Aggregaten, die zum einen drehzahlgeregelt sein und über eine große Leisungsbandbreite verfügen sollten. Zum anderen sollten sie nach Möglichkeit über die gesamte Bedarfsbandbreite zu 100 Prozent im drehzahlgeregelten Lastlauf-Betrieb gefahren werden können.
Im November 2010 wurde ein neues Aerze- ner Turbogebläse des Typs AT 100 – 0,6 (Antriebsleistung 75 Kilowatt) installiert. Das Aggregat hat seit seiner Inbetrieb- nahme 10.700 Betriebsstunden absolviert (Stand Februar 2012) und ist damit praktisch ohne Leerlaufzeiten rund um die Uhr im leistungsgeregelten Lastbetrieb gefahren worden – ein Beweis für seine optimale Auslegung. Dieses Aggregat mit einer Leistungsbandbreite von 36 bis 80 Kubikmeter pro Minute übernimmt jetzt als Grundlast-Erzeuger die Prozessluft-Versorgung der Kläranlage in Bremervörde. Die zwei Aerzener Drehkolbengebläse aus dem alten Versorgungskonzept können als Reserveanlagen und als Spitzenlast-Erzeuger automatisch zugeschaltet werden. Nach Auskunft von Heiko Müller wird circa 75 Prozent der in der Kläranlage Bremervörde eingesetzten elektrischen Energie für die Erzeugung der Prozessluft eingesetzt. Deshalb war für das neue Konzept der besonders sparsame Umgang mit elektrischer Energie eine unabdingbare Voraussetzung. Im Vorfeld der Kaufentscheidung war ermittelt worden, dass unter Berücksichtigung der vorhandenen Beckentiefe ein Enddruck von 0,4 bar für eine optimale Belüftung ausreicht. Auf diesen Wert wurde das Laufrad des Gebläses für höchstmögliche Energie-Effizienz maßgeschneidert ausgelegt. Höhere Drücke bis maximal 1,0 bar sind durch Einsatz entsprechender Laufräder möglich.
Alle drei Anlagen, sowohl das neue Aerzener AT-Turbogebläse als auch die zwei circa zwölf Jahre alten Aerzener Drehkolbengebläse der Baureihe Delta Blower, wurden in einem separaten Gebäude optimal installiert. Die Zuluft tritt von außen ein. Eine Filtermatte verhindert das Eindringen von Staub in das Aggregat. Die warme Abluft tritt mit Ventilator-Unterstützung aus dem Raum aus. Alle Aggregate speisen über eine gemeinsame Sammelschiene in der Station direkt in das Belebungsbecken ein. Eine Sonde im Becken ermittelt kontinuierlich den Sauerstoffgehalt und steuert über die Drehzahl der Aggregate die Liefermenge der Prozessluft. Das aufbereitete Wasser wird am Ende des Aufbereitungsprozesses mit einem Reinheitsgrad von circa 95 in die benachbarte Oste eingeleitet.
„Mit diesem Konzept decken wir unseren Bedarf optimal und mit höchstmöglicher Energie-Effizienz. Das Turbogebläse arbeitet mit seiner großen Leistungsbandbreite trotz unserer stark schwankenden Einleitungsmengen zwischen 1.500 und 3.000 Kubikmeter pro Tag als ideale Grundlast-Anlage. Bedarfsabhängig können die Aerzener Drehkolbengebläse vollautomatisch als Spitzenlast-Anlagen zugeschaltet werden“, lobt Heiko Müller und erklärt weiter: „Mit unserem neuen Erzeugungskonzept für die Prozessluft haben wir nach unserer bisherigen Erfahrung eine optimale Lösung mit höchstmöglicher Energie-Effizienz geschaffen. Unsere eigenen Aufwendungen für die Wartung reduzieren sich auf wenige Minuten pro Jahr für das Wechseln der Filtermatten. Und die Spezialisten aus Aerzen garantieren für ein optimal abgestimmtes Gesamtkonzept. Mit unserer jetzigen Kombination mit einem Turbogebläse für die Grundlast und zwei Drehkolbengebläsen für Spitzenlast und Reserve haben wir nach unserer Überzeugung ein ideales, sehr empfehlenswertes Konzept realisiert. Mit ihm können wir unsere biologisch arbeitende Kläranlage betriebssicher, zuverlässig und besonders energiewirtschaftlich mit Prozessluft versorgen.“