man in blue with helmet

Edition 01/2019

Mit der Kundenzeitung „AERZEN com.press“ möchten wir Ihnen umfassende Informationen über unser Unternehmen, unsere Produkte und Anwendungslösungen geben.

Artikel

Wohldosierte Kälte im Bereich Stranggießanlage

Druckluft von AERZEN für ArcelorMittal Bremen

Mit zweistufig ölfreien Schraubenverdichtern von AERZEN kombiniert ArcelorMittal Bremen in der Pressluftzentrale seine Turbogebläse. Das Zusammenspiel dieser beiden Wirkprinzipien führt in der Praxis dazu, die Vorteile der Turbos als Versorger großer Grundlastblöcke mit den sehr guten Regelungseigenschaften von frequenzgesteuerten Schraubenverdichtern zu verbinden. Auf diese Weise erzeugt das Stahlwerk an der Weser seine Druckluft im gesamten Betriebsbereich mit hoher Effizienz. Der Bedarf an Druckluft ist groß – unter anderem zur Versorgung der Stranggießanlage. Präzise steuerbare Druckluft sorgt hier dafür, den heißen Stahl nach dem Verlassen der Kokille mit exakt definierten Temperaturprofilen eines fein justierten Wassernebels herunterzukühlen.

Die Stahlkocher an der Weser brauchen Luft – viel Luft. Wohl dosierte Druckluft ist beispielsweise notwendig, um den flüssigen Stahl in der Stranggießanlage mit fein abgestimmten Temperaturprofilen herunterzukühlen. Dafür gibt es bei ArcelorMittal Bremen die Pressluftzentrale. Sie sorgt dafür, dass dem Werk nie die Puste ausgeht. Im Schnitt sind dafür zwei Turboverdichter in Betrieb und liefern Grundlastblöcke von jeweils 12.000 Nm³/h.

Stahl erhält im Kupfer seine Form

zweistufigen frequenzgesteuerten Schraubenverdichter
AERZEN hat die zweistufigen frequenzgesteuerten Schraubenverdichter vom Typ VMT4W mit Blick auf die leichte Wartung ohne Schallschutzhaube in die schallisolierte Druckluftzentrale bei ArcelorMittal Bremen eingebaut.
Sven Ress und Bernd Grosse von ArcelorMittal Bremen
Sven Ress (l.) und Bernd Grosse von ArcelorMittal Bremen: Stahl mit fein justierten Temperaturprofilen herunterkühlen.
Trockner
Trockner entziehen der Druckluft die Feuchtigkeit mit einem Taupunkt von + 3 Grad Celsius.

Im Zuge umfassender Investitionen verfolgt ArcelorMittal Bremen das Ziel, die Produktivität und Qualität der Stranggießanlage zu verbessern. Dafür waren auch Investitionen in eine bessere Kühlung notwendig. Hierbei gilt: Je effektiver die Kühlung, desto schneller kann in der Stranggießanlage produziert werden. Den Anfang bildet der aus dem Stahlwerk kommende flüssige Stahl. Das Material fließt in einen Verteiler und durch ein Gießrohr in die Kokille, eine formgebende Konstruktion aus Kupfer. Die Kupferwände der Kokille sind wassergekühlt und geben dem Stahl seine spätere rechteckige Form. In diesem Bereich ist die erstarrte Außenhaut aber noch empfindlich wie ein rohes Ei und muss vor dem Zerteilen des Endlosstranges zu sogenannten Brammen weiter abgekühlt werden. Eine Strecke von 16 Metern steht dafür bei ArcelorMittal Bremen zur Verfügung.
Für das Abkühlen kommt in Bremen mit Druckluft fein zerstäubter Wasserdampf zum Einsatz. Bevor die Düsen die vier Außenflächen des Stranggießens mit dem Wassernebel benetzen, wird das vorher in Filteranlagen gereinigte Wasser in einer Kammer mit der Druckluft verwirbelt – vergleichbar mit dem Vergaser eines Verbrennungsmotors. Das Resultat sind fein zerstäubte Tröpfchen, die eine hohe Wärmeaufnahme ermöglichen und den Stahl in kurzer Zeit von flüssigen 1.600 auf feste 800 Grad Celsius bringen. „Das Wasser geht mit 12 Bar in die Mischkammer und wird dort mit gut 5 Bar Luft vermischt“, erklärt Bernd Grosse aus dem Engineering-Bereich des Stahlherstellers.
Die Herausforderungen beim Abkühlen des Stahls bestehen darin, die Temperatur des kontinuierlichen Stranggießens nach der Kokille zwar zu senken, dieses aber nur in einem Rahmen, dass es der Stahl durch eine Kehle von der Vertikalen in die Horizontale schafft. „Dabei müssen wir eine Schale erzeugen, die so weich ist, dass der Stahl durch die Kurve kommt, ohne dabei auszulaufen“, beschreibt Grosse das Verfahren. Würde hier mit purem Wasser gearbeitet, wäre das Regelspektrum sehr eng begrenzt – ein echter Nachteil auf der 16 Meter langen Kühlstrecke, da sich schlecht zu regelnde Kühlabläufe ungünstig auf den Erstarrungsprozess auswirken und das Risiko von Rissen sowie Lunkern erhöhen. Deshalb haben die Prozesstechniker ausgefeilte Kühlrezepturen für die jeweiligen Produkte entwickelt. Brammen aus Bremen sind in unterschiedlichen Stahlgüten zwischen 220 Millimeter dick und messen in der Breite 950 bis 2.670 Millimeter. Die Weiterverarbeitung erfolgt in Bremen im Warmwalzwerk.

Speziell abgestimmte Druckluftlösung

zweistufigen Schraubenverdichter vom Typ VMT4W
Mit Weserwasser wird die Druckluft nach der ersten und zweiten Stufe heruntergekühlt.

Der kurze Einblick in den Prozess zeigt die Bedeutung der Druckluft im Stranggießen. 20 Kilometer misst das Hüttennetz, das aus der Pressluftzentrale heraus mit etwa 5,5 bar (Ü) Druck gespeist wird. Die frequenzgesteuerten Schraubenverdichter vom AERZEN Typ VMT4W liefern mit ihrer Motorleistung von 545 kW zweistufig in der Spitze einen Volumenstrom von 4.000 m³/h – also ein Drittel eines Turbos. Der Regelbereich im täglichen Betrieb liegt bei einem Maximaldruck von 8,5 bar (Ü) zwischen 2.000 und 4.000 m³/h. Beide Anlagen sind von AERZEN exakt angepasst worden.
Der zweistufige Aufbau mit zwei ölfreien Schraubenverdichtern erzeugt in der ersten Verdichterstufe einen Druck von 4,5 bar (abs). Die Luft hat dann eine Temperatur von etwa 250 Grad und muss vor Eintritt in die zweite Stufe weniger als 60 Grad erreichen. AERZEN hat dafür einen überaus wirksamen Wasserkühler zwischen beide Stufen gesetzt, der ebenfalls mit Weserwasser versorgt wird. Je nach Witterung und Jahreszeit bringt der Fluss die Luft auf etwa 25 bis 30 Grad. Diese liegt damit nur noch rund zehn Kelvin über Flusstemperatur. Nach der zweiten Stufe erfolgt erneut das Herunterkühlen auf etwa 35 Grad. Die Feuchtigkeit muss aber raus, denn das Stahlwerk benötigt trockene Luft mit einem Drucktaupunkt von + 3 Grad Celsius.

Alles dreht sich um die Produktionssicherheit

ArcelorMittal versorgt die Betriebsbereiche zentral von einem Ort aus mit Druckluft
ArcelorMittal versorgt die Betriebsbereiche zentral von einem Ort aus mit Druckluft. Ein Teil davon wird verwendet, um den Stahl im Strangguss herunterzukühlen.

Angesichts der Tatsache, dass AERZEN den Auftrag für ein Komplettpaket erhielt, war die Entfeuchtung ein Teil der Entwicklungs- und Engineeringarbeit sowie dem sich daran anschließenden Einbau und der Inbetriebnahme. ArcelorMittal Bremen entschied sich bereits im frühen Planungsstadium der Modernisierungsarbeiten für die Schraubenverdichtertechnik von AERZEN. „Aus Erfahrung haben wir mit AERZEN ein sicheres Gefühl“, macht Techniker Sven Ress deutlich. Vor diesem Hintergrund sind die Turbos und die zweistufigen Kompressoren in der Pressluftzentrale schwingungsüberwacht. Mit der Online-Analyse der auftretenden Frequenzen „können wir sich anbahnende Lagerschäden frühzeitig erkennen und Reparaturen entsprechend planen“, erläutert sein Kollege Volker Merrath die Hintergründe. Damit diese Arbeiten und auch die regelmäßigen Wartungen möglichst zeitsparend erledigt werden, hat AERZEN die Schraubenverdichter ohne Schallschutzhabe in die akustisch isolierte Pressluftzentrale eingebaut.

Fazit

Mit der Einbindung der zweistufigen Schraubenverdichter vom Typ VMT4W ist es im Stahlwerk von ArcelorMittal Bremen gelungen, die Qualität der Prozessluftversorgung deutlich zu verbessern. Diese schlägt sich sowohl in den besseren Regelungseigenschaften als auch in der Energieeffizienz nieder. Aufgrund des hohen Regelbereichs der Schraubenverdichter stellen diese eine ideale Ergänzung zu den „Grundlast-Turbos“ dar.
Welche Maschinen letztlich wann in welchem Betriebsbereich laufen oder vom Netz gehen, dass entscheidet der Verbund eigenständig über den Datenaustausch mit der übergeordneten SPS, „die alle sechs Verdichter in der Hand hat und den Verbund energetisch optimal managt“, resümiert Bernd Grosse (ArcelorMittal Bremen). „Wir wollen unsere Druckluft bedarfsgerecht und bestmöglich erzeugen.“

Compact news

rotary piston gas meters

AERZEN veräußert Gaszähler-Sparte

Die Aerzener Maschinenfabrik GmbH hat Ende 2018 ihre Produktsparte Drehkolbengaszähler erfolgreich an die RMA Rheingau GmbH veräußert. Der AERZEN Drehkolbengaszähler zählt seit 1930 zu einem traditionsreichen Produkt der Aerzener Maschinenfabrik. Bauartbedingt konzentrierten sich Nachfrage und Absatz der Messinstrumente jedoch vornehmlich auf den deutschen Markt. Auf Basis der internationalen Wachstumsstrategie, dessen Schwerpunkt im Wesentlichen auf Kompressorentechnologie und Anwendungsspezialisierung liegt, passt der AERZEN Gaszähler heute nicht mehr zur zukünftigen Zielausrichtung. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Geschäftsführung, sich von der Produktsparte zu trennen und an einen Nachfolger mit Branchen-Know-how zu veräußern. „Für AERZEN war es sehr wichtig, einen Käufer zu finden, der unseren teils langjährigen Kunden das Produktsortiment in gewohnter Qualität anbieten wird“, so der geschäftsführende Gesellschafter Klaus-Hasso Heller. „Wir freuen uns sehr, dass wir nun mit der Firma RMA mit Sitz in Rheinau einen verlässlichen Partner gefunden haben, der die AERZEN Technologie nicht nur fortführen, sondern auch entsprechend weiterentwickeln wird“, so Klaus-Hasso Heller weiter.Für neue Anfragen bittet AERZEN um direkten Kontakt mit der Firma RMA: RMA Mess und Regeltechnik GmbH & Co. KG, Forsthausstraße 3, 77866 Rheinau, Telefon: 07844/40 40, E-Mail: mrt@rma-rheinau.de